Neulich las ich in der Zeitung einen Veranstaltungshinweis für den selben Abend im Leonhardi-Museum in Dresden. Thema: Der Maler Wilhelm Müller zog über’s Land und Sammelte Bauern- und Nomadenteppiche. Das fand ich spannend und beschloss spontan, mir anzuhören, was für Teppiche die Bauern des Dresdner Umlandes so hatten. Vortragende des Abends war Simone Jansen.
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Ich bemerkte allerdings schnell, dass ich voreilige Schlüsse gezogen und insbesondere das Wort „Völkerkunde“ flüchtig als „Volkskunde“ gelesen hatte – zum Glück, sonst wäre ich da nicht hingegangen!
Zunächst, weil ich so endlich mal ins Leonhardi-Museum gekommen bin!
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Und dann, weil trotz meiner persönlichen Ferne zum Thema „Orientteppiche“ der Abend sehr interessant und anregend war. Es ging nämlich in der Tat um Teppiche und teppichähnliche Objekte aus West- und Mittelasien und aus dem 19. und beginnenden 20. Jahrhundert, die sich aber in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts auf dem Gebiet der DDR befanden.
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Spannend ist die Geschichte, wie derartige Objekte für die DDR-Führung zum Devisen-Bringer, sie dabei aber mitunter verkannt, weil nicht ertragsträchtig, und so zum Sammel-Objekt für DDR-Bürger*innen wurden. Wie ich lernte, gibt es allgemein in der Welt eine rege Teppich-Sammler-Community, so auch in der DDR, die Strategien im Umgang mit den spezifischen Bedingungen entwickelte und, z. B. als Dresdner Teppichfreunde, bis heute besteht. Wilhelm Müller hat in diesem Rahmen die Teppichsammlung des Dresdner Völkerkundemuseums aufgebaut. Künstlerisch ließ er sich von diesen Objekten inspirieren.
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Wie gesagt, sind Teppiche kein Steckenpferd von mir persönlich. Mich beschäftigte aber während des Vortrages die Frage, wie denn diese Teppiche wohl in die DDR gekommen sind. Die Antwort ergab sich auch im Laufe des Abends: In mehr oder weniger wohhabenden und an einem entsprechenden Lenbensstil interessierten Kreisen der Gesellschaft war es Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts Mode, sich mit derartigen Objekten einzurichten.
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Und da viel mir ein: Im HausBoden gibt es auch Teppiche. Derzeit sind sie etwas stiefmütterlich zusammengerollt und beiseite geschoben – nicht zu letzt, um sie ein wenig zu schonen.
Und mir viel außerdem eine Episode aus der Zeit der Übernahme des Hauses durch meinen Vater ein: Schon Tante Ilse, also Ilse Flemming, die Witwe von Walter Flemming, hatte Kontakt zur Leiterin des Archivs der Hochschule für Bildende Künste Dresden, Natalia Kardinar, um sich über das künstlerische Wirken Ihres Mannes zu beraten.
Auch wir kontaktierten damals Frau Kardinar, die uns wertvolle Hinweise insbesondere zur Grafik gab. Aber sie ließ auch eine Bemerkung über Teppiche fallen: „Da müssen Sie aufpassen, Teppiche können etwas wert sein.“ Dies geschah im Winter 2002/03. Und das war die Zeit, als auf Betreiben der damaligen Leiterin des Völkerkundemuseums, Annegret Nippa, damit begonnen worden war, die Teppichsammlung aufzuarbeiten. Frau Jansen, die Vortragende des Abends, war für diese Aufgabe damals nach Dresden gekommen, und es hatte sich ein öffentlicher Austausch zu Teppichen entwickelt, der mit den Dresdner Teppichabenden bis heute besteht.
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Dringend müssen wir uns also unseren Teppichen zuwenden!